Am 13.2.2005 sollen sich die Angeklagten in Dresden auf der Treppe der Brühlschenterrasse aufgehalten haben, während auf dem Schlossplatz unter ihnen Polizeieinheiten antifaschistische Gegendemontranten von der Marschroute des JLO-Trauermasches abdrängten. Laut Staatsanwaltschaft geriet dabei eine BFE-Einheit aus Mecklenbourg-Vorpommern in einen Stein- und Flaschenhagel während einem Beamten aus Sachsenanhalt der Helm entrissen und angezündet wurde. Christian S. soll von der Treppe eine Flasche auf die räumende Einheit geworfen haben und Leila R. soll dabei Beihilfe geleistet haben.
Der Komandant der BFE Mecklenburg-Vorpommern sagte als Zeuge aus, dass seine Einheit nicht von der Treppe beworfen wurde, Steinwürfe habe er auch nicht gesehen. Der verkleidet und anonym auftretende Zeuge des LKA Berlin mit der Codiernummer 56766 behauptete diesen Flaschenwurf gesehen zu haben. Der ebenfalls unerkenntlich gemachte Kollege von ihm mit der Codiernummer 56765 hatte von der Situation auf der Treppe ein circa einstündiges Video erstellt, von dem die beiden Agenten jedoch in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Dresden alles bis auf 10 Sekunden vernichten. Auf den zuerst von Staatsschutz präsentierten Videos verschiedener BFE-Einheiten sind keinerlei Gewalttätigkeiten, die von den Menschen auf der Treppe ausging zu sehen. Allerdings fehlte auf allen Videos die angebliche Tatzeit um 16.00 Uhr.
Im Verlauf des Prozesses wurden von der Verteidigung jewdoch weitere Videos anderer Polizeieinheiten beschafft, die sowohl den angeblichen Tatort als auch die direkten Räummassnahmen zum fraglichen Zeitpunkt zeigen und auf dem ebenfalls kein Flaschenwurf zu sehen ist. Der Zeuge mit der Codiernummer 33018 vom MEK Berlin beschrieb die Festnahmen der Angeklagten völlig anders als die Beamten 56766 und 56765 und konnte sich auch nicht erklähren, warum Leila R. bei ihrer Festnahme verletzt wurde. Während der Beamte 56766 zwar erstaunlich abgebrüht seine falsche Aussage tätigte, die allerdings durch Videoaufnahmen widerlegt wurde, ging der Beamte 56765 bei der Befragung durch die Verteidigung regelrecht unter, wobei er zeitweise Zweifel an seinem Geisteszustand aufkomme liess. So gab er zwar zu für seinen Auftritt vor Gericht prepariert worden zu sein, durch Videoschulungen und ein Gespräch mit dem Justiziar der Polizei und räumte auch ein Beweismaterial vernichtet zu haben. Er konnte sich aber entweder an gar nichts erinnern oder er durfte die Fragen aus Geheimhaltungsgründen nicht beantworten.
Nachdem dieser Zeuge schwer unter Druck geriet, gab es von Staatsanwalt Fenner und Richterin Dr. LInke ein erpresserisches Angebot: Es würde in jedem Fall zu einer Verurteilung kommen egal wie der Prozess noch weiter geht. Bei einer Beendigung der Bewisaufnahme, Rücknahme aller Anträge, gleichzeitiger Rücknahme der Berufung gegen die 3 Jahre Haft vom 1 Mai 2004 würde das Gericht für Christian S. "nur" 1 Jahr Haft verhängen statt 2,5 bis 3 und den Haftbefehl gegen Meldeauflagen ausser Vollzug setzen. Das Berufungsgericht würde im selben Moment den 2. Haftbefehl aufheben. Da zu diesem Zeitpunkt eine Fortführung des Prozesses nur um dem Preis einer durchgehenden Inhaftierung von weiteren Jahren möglich gewesen wäre, gingen die Angeklagten auf diesen Deal ein. Urteil: 7 Monate auf Bewährung für Leila und 1 Jahr ohne Bewährung für Christian wegen schweren Landfriedensbruch, versuchte gefährliche Körperverletzungen, schwerer Widerstand und Verstoss gegen das Waffengesetz.
Im Anschluss daran wurde Christian S. nach 11 Monaten Untersuchungshaft freigelassen, muss jedoch in kürze mit der Ladung zum Haftantritt von jetzt insgesamt 4 Jahre und 10 Monaten ( durch Bewährungswiderruf für Steinwurf am 12. März 2000 ) rechnen wobei 17 Monate durch U-Haft verbüsst sind. Das schlimme an dem Deal ist, dass wenn es in diesem Verfahren nicht zu einem Freispruch kommen konnte, wobei sämtliche anonym auftretenden Zeuge sich in ihren falschen Aussagen noch untereinander widersprachen und durch Videos der Lüge überprüft worden, wird es wohl für die Zukunft bedeuten, dass Polizeizeugen noch öfter anonymisiert auftreten, Begründungen für Sperrerklährung noch absurder werden und damit Freisprüche bei angeblichen Demonstrationsdelikten nicht mehr möglich sind. Andererseits ist das Einknicken der Staatsanwaltschaft, die für 1. Mai 2004 3 Jahre 8 Monaten und in diesem Verfahren zuerst beim Landgericht angklagte um über 4 Jahre zu fordern, nur auf das öffentliche Interesse an diesem Skandalprozess, dem Einsatz der UnterstützerInnen und den bohrenden Fragen der Verteidigung zu verdanken.
Quelle:
www.freechristian.de.vu